ERG2Nordsee 2018

ERG2Nordsee 2018: Finish am Strand mit allen Teilnehmer/innen

Text: Katrin Kretschmer / Red.: Guido Cicholas / Bilder: Christina Smolen

Hier ist der lang erwartete Bericht über die ERG2Nordsee-Tour 2018, der zeigt, dass es selbst bei mäßigem Wetter riesig viel Spaß machen kann, mehr als 300 km am Stück zu fahren, wenn das Ganze liebevoll und mit viel Blick für Details organisiert ist.

Auch die ERG2Nordsee-Tour 2018 sollte keine Massenveranstaltung werden und ihren familiären Charakter beibehalten. Daher hatten wir von vornherein die Teilnehmerzahl auf 40 Teilnehmer beschränkt.

Die Vorbereitungszeit rechneten wir in Tagen statt Stunden

Die 40 Plätze waren kurz nach Öffnung der Anmeldung ausgebucht. Hätten wir gewusst, wie heiß ihr alle auf einen Ritt ans Meer seid, hätten wir sowas schon vor Jahren angeboten. Der Vorbereitungsaufwand für so eine Tour ist übrigens größer, als sich einige von euch vorstellen können. Alleine die Zeit für Telefonate, um z. B. abzuklären, wo welche öffentlichen Toiletten wann auch wirklich geöffnet (und benutzbar) sind und wie viel Platz für Räder vorhanden ist, addierte sich zu Tagen auf. Auch die persönlichen Checks vor Ort an der Nordsee und die vielen Stunden, an denen die Strecke bzw. Streckenteile manchmal im strömenden Regen abgefahren wurden – die Angst vor ungeplanten Baustellen war dennoch ein permanenter Begleiter bis zum Ende der Tour – ließen sich später nur in Tagen zählen. Wir haben also wieder mit viel Liebe und Leidenschaft, Spaß an der guten Sache und einer Menge Arbeit die Vorbereitungen vorangetrieben.

Das große Autopacken am Vortag der Tour

Nicht nur die ehrenamtlichen Helfer/innen mit selbstgebackenen Kuchen, Frikadellen und Salaten rückten an. Auch die ganzen Teilnehmer/innen kamen mit ihrem Gepäck. Zehn Frauen und dreißig Männer aus vier Bundesländern und allen Altersklassen trafen nach und nach in unserem Vereins-Headquarter, dem wahrscheinlich schönsten Radcafé in Essen, ein. Die Radmosphäre von Chef Holger war dieses Jahr Startort und zugleich Sponsor der Tour. Wir können die Radmosphäre allen Radfahrer/innen und vor allem denjenigen, die auf dem Radschnellweg RS1 unterwegs sind, für einen Zwischenstopp sehr empfehlen. Ihr findet dort Abstellmöglichkeiten für eure Räder, liebevolle Rad-Deko, gemischtes Publikum, leckeres Essen zu fairen Preisen und ihr könnt im Café oder draußen direkt am Niederfeldsee in der Sonne sitzen. Ganz wie ihr mögt. Wir können uns jedenfalls nach wie vor keinen besseren Startort vorstellen. Den Link zur Radmosphäre findet ihr übrigens am Ende des Berichts.

Die vier Begleitfahrzeuge wurden mit Lebensmitteln, dem Tagesgepäck und den Übernachtungssachen der Teilnehmer/innen vollgeladen. Auch ausgewähltes Equipment für den Notfallbus, z. B. Laufräder, Werkzeug und Ersatzmaterial und Erste Hilfe war an Bord. Bei Flammkuchen und Bier lernten sich Teilnehmer/innen kennen, fachsimpelten über den Radaufbau, Packtaschen, Setups für den Radcomputer, die richtige Hosenwahl und mögliche Wetterszenarien. Vorfreude lag in der Luft, Spannung, Lust aufs Radfahren und der Spaß daran, gemeinsam etwas zu erleben.

Früh zogen sich dann alle – vernünftigerweise – in ihre Hotelzimmer oder nach Hause zurück. Denn für die meisten sollte am nächsten Morgen schon gegen zwei Uhr früh der Wecker klingeln.

2 Uhr: Aufstehen, 3 Uhr: Frühstück, 4 Uhr: Start!

Um 3 Uhr morgens war Frühstückszeit in der Radmosphäre. Draußen war es schon angenehm warm und drinnen noch wärmer. Kuschelig. Brötchen, Saft, Kaffee – viel Kaffee – und alles andere, was man für ein Frühstück braucht, stand bereit. Draußen lagerten viele tolle Fahrräder. Christina “Kiki” Smolen schlängelte sich um die fröhlich quatschenden, z. T. noch etwas müde aussehenden Teilnehmer/innen an den Frühstücksplätzen herum, machte Fotos und führte kurze Interviews. Die Guides führten eine letzte Lagebesprechung durch, das Verpflegungsteam packte die Kühlsachen in den Bus. Und dann war es 4 Uhr. Startzeit! Alle stellten sich am See auf, schalteten die Radlampen an, eine letzte Ansprache wurde gehalten und schon ging es los. Aber ruhig, entspannt, unspektakulär. Keine kreischenden Fans, kein Startschuss. Auch der Nachbarn wegen. In zwei Gruppen aufgeteilt fuhren alle los, die Richtung war klar: Grob immer nach Norden.  Tja: Und dann .. Naja, dann fuhren wir für die nächsten Stunden Rad.

Wir fahren Nonstopp von Verpflegungsstopp zu Verpflegungsstopp

Leider war das Wetter bei Tagesanbruch nicht ganz so toll, der super Sonnenaufgang vom letzten Jahr war diesmal nicht zu sehen. Aber es blieb einigermaßen trocken, und so schnell, dass wir es kaum merkten, waren wir schon bei Kilometer 60 und am schönen Schloss Raesfeld nördlich vom Dämmerwald angekommen.

Das Verpflegungsteam stand mit einem zweiten Frühstück bereit. Es wurde ordentlich aufgetischt, kein Wunsch blieb offen. Es gab sogar Kekse in Fahrradform. Ist das schön oder was? Da steckte Liebe drin! Die Guides hatten ein Auge auf die Zeit und riefen zum Aufbruch. Und schon ging es weiter. Leider hatte Team 2 kurz darauf zwei Platten – Der Notfallbus mit Standpumpe war sofort zur Stelle – und fiel leicht hinter Team 1 zurück.

Dann kam der Regen. Mit Jacke war es zu warm, ohne zu nass. Ein Radfahrerproblem. Das kam uns aber nicht so schlimm vor. Alle quatschten fröhlich durcheinander:  Welchen Marathon bist du schon gefahren? Was hast du dieses Jahr noch so vor? Es wurden Abenteuerberichte abgegeben, Ideen ausgetauscht, Materialtests besprochen. Und das alles, während wir durch die Landschaft rollten. Besonders Nordhorn schien es den Teilnehmer/innen angetan zu haben, da wollten sie einfach immer wieder und wieder durchfahren. Die Guides verstanden nicht warum, vielleicht lag es am Ort – Nordhorn ist malerisch im Regen – oder schlicht am GPS.

Die Kilometer spulten sich fast von alleine ab. Nach Gronau kam Niederlangen und dort gab es nach dem zweiten Frühstück das erste Mittagessen. Irgendjemand zog hier den Vergleich zu den Essensgewohnheiten Tolkien’scher Hobbits. In einem hübschen kleinen Häuschen tischte unser Sternekochteam selbstgemachte Salate, Frikadellen und natürlich auch vegane und vegetarische Alternativen auf. Kiki fotografierte, Guides kontrollierten Räder und luden die Akkus einiger Radcomputer auf, während sich die Teilnehmer erholen konnten. So entspannt kann das Marathonleben sein! Und dann ging es weiter auf die Straße. Wir rollten vorbei an Feldern und durch Wälder, links und rechts des Weges sahen wir immer mehr Kühe und Schafe, die Anzahl der Häuser nahm ab und die Zahl der Windräder zu.

An der Papenburger Meyer Werft, in der Kreuzfahrtschiffe wie z. B. die aus der AIDA-Linie gebaut werden, machten wir einen weiteren Zwischenstopp. Mittlerweile tat den ersten der Hintern weh, ein paar hatten leichte Knieprobleme. Ab und an hörte man ein Stöhnen. Aber es waren glücklicherweise alles eher Unannehmlichkeiten als Probleme: Alle konnten noch fahren. Und das auch gar nicht mal langsam. Mit einem schön gleichmäßigen 26,5er-Schnitt kämpften wir tapfer gegen den Wind und den immer mal wieder aufkommenden Nieselregen an.

Etwaige Unlust wurde durch Gesang wegmotiviert. Doch wenn selbst das nicht mehr half, stand garantiert Kiki am Straßenrand und jubelte uns zu. Und immer dann, wenn wir unseren Begleitbus sahen – hören konnten wir ihn dank der Lautsprecheranlage mit Musikbeschallung auch von Weitem – fuhren wir schneller, grinsten etwas breiter, streckten die Arme nach oben und brachen in Jubel aus (Anm. d. Red.: und das muss man während der Fahrt erstmal können). Unsere Supporter/innen waren doch wirklich die Besten.

ERG2Nordsee 2018: Selbstlose Supporter am Straßenrand

Nach 270 km machten wir einen Kuchenstopp. Endlich! Anstatt Gels gab es bei uns die Kohlenhydrate in Form von selbstgemachtem Bananenbrot, Möhren-, Käse-, Quark- und Marmorkuchen. Danach rollten sich die letzten 60 km nach Bensersiel zum Campingplatz von selbst.

Strandfinish!

Dank einer Ausnahmegenehmigung der Campingplatzleitung von Bensersiel durften wir mit dem ganzen Tross direkt bis ans Meer durchrollen. Leider war gerade Ebbe, aber das tat der Freude keinen Abbruch. 

Viele der Teilnehmer/innen sind erstmals 300 km gefahren. Eine Leistung, die sich viele vorher gar nicht vorstellen konnten. Entsprechend groß war die Freude, fest die Umarmungen und riesig der gegenseitige Respekt. Alle freuten sich miteinander, egal ob das für sie nun ein netter Ausflug war oder eine große Herausforderung. Und kaltes Bier und Medaillen für alle gab es auch. Finishen können wir!

ERG2Nordsee 2018: Karte und Höhenprofil

Dann ging es zur Jugendherberge, wo es erst einmal etwas zu Essen gab

Man sollte ja meinen, wir hätten genug gegessen. Aber nein – 40 Radler/innen fallen wie die Heuschrecken über Nudeln mit Tomatensoße her. Eine Gruppe Radtouristen berichtet uns stolz, dass sie heute ihre längste Etappe mit 50 km gefahren seien. Ha! Auf den Zimmern erwartete alle eine weitere Überraschung. Auf jedem Kopfkissen lag eine schicke Mütze, die unser zweiter Sponsor, Bewegungsfelder in Essen, möglich gemacht hat.

Falls ihr Bewegungsfelder nicht kennt: Dort könnt ihr u. a. Leistungsdiagnostiken erstellen und auswerten lassen, individuelle Trainingsplanung und -beratung bekommen und sogar in einer Höhenkammer trainieren. Einen Link zu Bewegungsfelder findet ihr am Ende des Berichts.

Nachdem sich alle etwas frisch gemacht hatten, war noch Zeit für ein Bier, Social Media – Strava, Instagram und Facebook wollten mit den Erlebnissen des Tages gefüttert werden – und, natürlich, auch für Gespräche mit echten Gegenübern, bevor es Schlafenszeit wurde.

Nach dem Frühstück wurden die Räder auf den Radanhänger des Reisebusses verladen, und wir machten uns auf den Rückweg zur Radmosphäre, wo sich dann alle bei einem Abschieds-Eis oder -Bier bis spätestens 2019 voneinander verabschiedeten.

Danke!

Das Orgateam Kati und Maik möchte an dieser Stelle allen Helfer/innen ein dickes Dankeschön aussprechen:

  • Unserem Sponsor Radmosphäre für den Startort, das Frühstück, den Besprechungsraum während der Planungszeit und der geduldigen Einlagerung von endlosen Kisten- und Paketlieferungen.
  • Unserem Sponsor Bewegungsfelder, der immer für uns da war, unsere Aktion unterstützt und die tollen ERG2Nordsee-Mützen möglich gemacht hat.
  • Der Jugendherberge und der Betreuerin Frau Fischer für die vielen Extrawürste, die wir in Anspruch nehmen durften.
  • Dem Campingplatz Bensersiel für die Durchfahrtsgenehmigung zum Meer.
  • Guide Volker, der extra aus Hessen angereist ist.
  • Guide Lars, der Freitagabend von der Uni Leipzig aus direkt zu uns gereist ist.
  • Guide Volker, der für uns diese wunderschöne Strecke ausgetüftelt hat.
  • Supporterin Kiki für die Bilder, Fotos und Motivationsmomente vom Straßenrand aus.
  • Supporter Florian, der immer für uns zur Stelle war.
  • Das Verpflegungsteam mit Claudia und Ulrike, die uns verpflegt und unterwegs vieles für uns möglich gemacht haben.
  • Stephanie, Jörg, Oliver, Sandra, Olaf, Philip, Simon, Klaus, Holger und Volker für die leckeren Sachen, die ihr im Vorfeld für uns gekocht und gebacken habt.

Ihr alle zusammen wart der Wahnsinn! Man kann es euch gar nicht hoch genug anrechnen, dass ihr – erneut- so viel Zeit investiert und dadurch die Tour erst möglich gemacht habt. Danke!

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